
Jeder Apothekeninhaber kennt diesen Moment: Sie schließen abends die Tür ab und fragen sich, ob wirklich alles sicher ist. Die Verantwortung für wertvolle Medikamente und die Sorge vor Kriminalität lassen einem oft auch nach Feierabend keine Ruhe. Diese Sorge ist nicht unbegründet – sie ist eine Reaktion auf eine reale Bedrohung. So gab es beispielsweise allein zwischen November 2022 und Januar 2023 im Südwesten von Berlin zwölf Einbrüche und drei Einbruchsversuche in Apotheken. Doch während die Angst real ist, sind die Vorstellungen über die wahren Risiken und die wirksamsten Schutzmaßnahmen oft von Mythen geprägt. Die Realität ist häufig kontraintuitiv und überraschend. Dieser Artikel deckt die entscheidenden Wahrheiten auf, die Sie für eine wirklich sichere Apotheke kennen müssen.
Die Vorstellung, eine heulende Sirene oder eine Benachrichtigung auf dem Handy würde Kriminelle vertreiben, ist ein gefährlicher Trugschluss, der ein falsches Gefühl der Sicherheit vermittelt. Herkömmliche Alarmsysteme, die nur einen lokalen Alarm auslösen oder einen Wachdienst entsenden, sind für erfahrene Einbrecher kein Hindernis, sondern ein kalkulierbares Werkzeug. Profis kennen die typischen Reaktionszeiten genau. Sie wissen, dass ein Wachdienst erst vor Ort prüfen muss, ob es sich um einen Fehlalarm handelt, bevor die Polizei gerufen wird. Diese passive Meldung garantiert dem Einbrecher ein exaktes, ungestörtes Zeitfenster zum Handeln. Der entscheidende Faktor bei einem Einbruch ist nicht, ob er bemerkt wird, sondern wie viel Zeit der Täter im Objekt hat.
Glauben Sie mir: Profi-Einbrecher wissen minutengenau, wie lange ein Sicherheitsdienst bis zu genau dieser Apotheke braucht.
Der Diebstahl von Bargeld und Medikamenten ist schlimm, aber der größte finanzielle Schaden entsteht oft erst danach. Im Gegensatz zu vielen anderen Geschäften kann eine Apotheke nach einem schweren Einbruch oder Vandalismus nicht einfach provisorisch weiterbetrieben werden. Die strenge Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) schreibt vor, dass alle Schäden vollständig behoben sein müssen. Erst nach einer bestandenen offiziellen Wiedereröffnungsrevision durch die Aufsichtsbehörde dürfen Sie wieder öffnen. Diese Zwangspause kann sich über Wochen hinziehen – und die Ursachen sind vielfältiger als man denkt. Neben Brand oder Wasserschaden kann auch eine behördliche Anordnung, etwa bei einem Bombenalarm zur Entschärfung eines Blindgängers, den Betrieb lahmlegen. In dieser gesamten Zeit erwirtschaften Sie keinen einzigen Euro Umsatz, während laufende Kosten wie Gehälter und Miete weiter anfallen. Diese Betriebsunterbrechung stellt für viele Apotheken eine existenzielle Bedrohung dar.
Während bei nächtlichen Einbrüchen oft gezielt Betäubungsmittel und Bargeld gestohlen werden, liegt der Fokus beim alltäglichen Ladendiebstahl – der oft unter dem Posten „Inventurdifferenz“ verbucht wird – auf ganz anderen Produkten. Diebe suchen nach Artikeln, die klein, teuer und leicht weiterzuverkaufen sind. Die meistgestohlenen Produktkategorien sind oft überraschend:
Diese Produkte sind attraktiv, weil sie einen hohen Wiederverkaufswert haben und unauffällig entwendet werden können. Eine reine Fokussierung auf den BTM-Schrank lässt diese alltäglichen, aber in Summe erheblichen Verluste außer Acht.
Die mit Abstand wirksamste Methode, um einen Einbruch in Sekundenschnelle zu beenden, ist der sogenannte „Live-Einbruchschutz“. Anstatt nur einen stillen Alarm zu senden, ermöglicht diese Technologie eine direkte Intervention. Sobald ein Sensor einen Eindringling meldet, kann ein Mitarbeiter der Notrufleitstelle den Täter über installierte Lautsprecher direkt ansprechen. Diese unerwartete Konfrontation zerstört die Anonymität des Täters und führt fast immer zum sofortigen Abbruch der Tat. Entscheidend ist hierbei die Verkürzung der Reaktionskette: Die klassische Abfolge von Detektion → Verifikation durch Wachdienst vor Ort → Dispatch → Eintreffen der Polizei wird durchbrochen. Die Leitstelle verifiziert den Einbruch in Echtzeit und alarmiert sofort die Polizei, die mit der Gewissheit, einen Täter auf frischer Tat ertappen zu können, deutlich schneller und motivierter reagiert.
Täter lassen nach einer Ansprache durch den Wachhabenden in deutlich mehr als neun von zehn Fällen umgehend von Ihrer Tat ab und flüchten im 180°-Bogen aus der Apotheke.
Alle bisherigen Punkte betrafen den Schutz von Sachwerten. Kommt es jedoch zu einem Raubüberfall oder einer direkten Bedrohung während der Öffnungszeiten, tritt der Schutz von Eigentum vollständig in den Hintergrund. Die absolute und unumstößliche Priorität hat die Sicherheit und das Wohlergehen von Ihnen, Ihrem Personal und Ihren Kunden. In einer solchen Situation ist Widerstand lebensgefährlich. Geben Sie ohne Zögern heraus, was auch immer verlangt wird – sei es Geld, Medikamente oder andere Wertsachen. Materielle Güter sind ersetzbar, Menschenleben nicht.
Das wichtigste: KEINE HELDENTATEN und sich selber in Schutz bringen, die persönliche Sicherheit steht immer an erster Stelle.
Effektiver Apothekenschutz erfordert ein Umdenken: weg von passiver Meldung hin zu aktiver Intervention und weg von der alleinigen Sorge um den BTM-Schrank hin zu einem ganzheitlichen Blick auf alle Risiken. Echte Sicherheit entsteht durch die intelligente Kombination aus moderner Technologie, vorausschauender Geschäftsplanung und klaren Verhaltensregeln für den Ernstfall.
Fragen Sie sich: Schützt Ihre Alarmanlage wirklich Ihr Geschäft, oder gibt sie dem Einbrecher nur die exakte Zeit vor, die er für seinen Diebstahl hat?


